PROJEKT

Vorgängerprojekte

Was bisher geschah

Mit der Wiederansiedlung des Luchses im Nationalpark Harz ab dem Jahre 2000 wurde auch in Thüringen das Interesse an der für rund 150 Jahre lokal ausgerotteten Tierart wieder wach. Man fragte sich, ob sich der Luchs den Thüringer Südharz erschließen und von dort aus in weitere geeignete Lebensräume, insbesondere den Thüringer Wald, vordringen würde. Wie die Ergebnisse erster Projekte zeigten, würde eine dauerhafte Besiedlung des Thüringer Waldes durch den Luchs nicht ohne aktive Unterstützungsmaßnahmen gelingen.

Fotofallenmonitoring seit 2019

Seit Frühjahr 2019 erforscht der BUND Thüringen das Ausbreitungspotential des Luchses in Thüringen. Zunächst wurden Vorkommen und Ausbreitung des Luchses in einer dem Harz vorgelagerten Modellregion im Nordwesten Thüringens mithilfe eines systematischen Fotofallen-Monitorings untersucht. Im Rahmen dieser Untersuchung sind in den vergangenen zwei Jahren über 200 voneinander unabhängige Aufnahmen von Luchsen entstanden, die sich über insgesamt 16 unterschiedliche Individuen verteilten. Sechs der im Nordwesten Thüringens nachgewiesenen Luchse konnten als resident eingestuft werden, hatten dort also feste Streifgebiete etabliert.

Erstellung eines Ausbreitungsmodells 2020/2021

Da trotz dieses Erfolges absehbar war, dass die Ausbreitung des Luchses in Thüringen und Mitteldeutschland bislang viel zu zögerlich verläuft, gab der BUND Thüringen 2020 ein umfangreiches Ausbreitungsmodell für den Luchs in Mitteldeutschland in Auftrag, das im Frühjahr 2021 fertiggestellt wurde. Das Modell wurde unter Federführung von Prof. Marco Heurich (Nationalpark Bayerischer Wald und Universität Freiburg) erstellt, und nutzte empirische Daten zu Reproduktion, Mortalität und Ausbreitungsverhalten von Luchsen mitteleuropäischer Populationen, um die Ausbreitung des Luchses in Mitteldeutschland in den nächsten 25-50 Jahren am Computer zu simulieren. Das Modell bildet die entscheidende Grundlage des hier beantragten Projektes, da es in aller Deutlichkeit zeigte, dass eine Vernetzung der existierenden Populationen im Harz und im Bayerischen Wald nur durch eine aktive Wiederansiedlung von Luchsen im Thüringer Wald zu erreichen wäre.

Machbarkeitsstudie für eine Luchs-Bestandsstützung in Thüringen 

Von diesem Zeitpunkt an wurde der Plan einer Bestandsstützung Luchses konsequent weiterverfolgt. Im Sommer 2021 kam der WWF Deutschland als Projektpartner hinzu, um in einem gemeinsamen vom TMUEN geförderten Projekt (Die Zukunft des Luchses in Thüringen) die Grundsteine für eine Bestandsstützung zu legen. Eine im Auftrag des WWF durchgeführte repräsentative Bevölkerungsbefragung zeigte, dass in Thüringen eine breite gesellschaftliche Akzeptanz für eine Wiederansiedlung von Luchsen vorhanden ist. Zudem wurde mit dem Aufbau eines Fotofallen-Netzwerks im mittleren Thüringer Wald begonnen, um systematisch zu prüfen, ob es trotz der fehlenden Hinweise auf residente Luchse nicht doch Tiere mit festem Streifgebiet im Thüringer Wald gibt.

Workshop: Zukunft des Luchses in Thüringen 2021

Ein weiterer Meilenstein war ein im Herbst 2021 durchgeführter Workshop, bei dem die führenden Luchsexpert*innen Deutschlands mit Vertreter*innen Thüringer Verbände und Organisationen (z.B. ThüringenForst, LJV Thüringen, Biosphärenreservat Thüringer Wald, Landesverband Thüringer Schafzüchter) zusammengebracht werden konnten, um gemeinsam über die Zukunft des Luchses in Thüringen zu sprechen. Den Thüringer Interessensvertretern wurden im Rahmen dieses Workshops erstmals unsere Pläne einer Bestandsstützung vorgestellt. Das Echo war durchweg positiv. Viele der anwesenden Verbände und Organisationen bekundeten ihr Interesse an einer Zusammenarbeit. Offen ausgesprochene Einwände gegenüber einer Bestandsstützung des Luchses im Thüringer Wald gab es nicht.

Internationale Zusammenarbeit für den Luchs in Thüringen

Im Anschluss an den Workshop wurden die Vorbereitungen einer Wiederansiedlung weiter vorangebracht und unter anderem die gleichzeitige Verwendung von Wildfängen und Gehegenachzuchten als erfolgversprechendste Strategie herausgearbeitet: Es wurde Kontakt zu de rumänischen NGO ACDB und der rumänischen Forstverwaltung Romsilva aufgenommen, sowie zur Arbeitsgruppe LinkingLynx, einem Zusammenschluss europäischer Luchsexperten und Zoofachleuten, der sich mit den fachlichen Anforderungen an Zucht und Haltung von Gehegeluchsen für Freiland- Projekte beschäftigt. In bilateralen Gesprächen mit ThüringenForst, dem Biosphärenreservat Thüringer Wald sowie dem LJV Thüringen wurden Möglichkeiten einer zukünftigen Zusammenarbeit weiter konkretisiert. 

Weil sich abzeichnete, dass nicht nur die naturräumlichen Bedingungen für eine Bestandsstützung des Luchses im Thüringer Wald stimmten, sondern auch die Zustimmung der Gesellschaft und wichtiger Thüringer Interessensvertretern vorhanden war, ging das Projekt mit dem Ziel einer konkreten Vorbereitung der Ansiedlung von Luchsen im Thüringer Wald ab Frühjahr 2022 in die nächste Runde. 

Im Rahmen der neuen Projektphase, die unter dem Titel “Trittstein Thüringer Wald” vom TMUEN über das EU-kofinanzierte Programm “Entwicklung von Natur und Landschaft (ENL)” gefördert wird, wurde unter anderem das Fotofallen-Monitoring fortgesetzt und ausgeweitet sowie ein spezielles Gehege gebaut, indem zukünftig Luchse, die in Zoos oder Wildparks geboren wurden, mit minimalem Kontakt zu Menschen aufwachsen und somit auf ein Leben in freier Wildbahn vorbereitet werden können.

Weitere wichtige Elemente des Projektes waren Workshops, Vorträge und Pressearbeit sowie die Erstellung dieser Webseite sowie unterschiedlicher Materialien, die über das Projekt und die Tierart Luchs informieren. 

Ende 2023 soll schließlich im Rahmen eines weiteren ENL-Projektes die eigentliche Bestandsstützung beginnen.