PROJEKT

MONITORING

Wildtiermonitoring – was ist das eigentlich?

Wildtiermonitoring ist eine kontinuierliche Erfassung und Überwachung von Wildtierbeständen in ihren natürlichen Lebensräumen. Durch das Monitoring werden Daten zum Vorkommen, zur Verbreitung und zur Häufigkeit von Wildtieren gesammelt. Mit Blick auf den Luchs in Thüringen, beantwortet uns das Monitoring die Frage, wo im Freistaat bereits Luchse leben und wie zahlreich sie dort vorkommen. Für das Monitoring des Luchses kommen in unserem Projekt vor allem drei Methoden zum Einsatz: Fotofallen, GPS-Telemetrie und genetisches Monitoring.

Wie funktionieren Fotofallen?

Fotofallen sind automatische Kameras, die immer dann auslösen, wenn eine Bewegung und eine Wärmesignatur in ihrem Erfassungsfeld registriert werden. Fotofallen haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einer Standardmethode der Wildtierforschung entwickelt, insbesondere für die Beobachtung und Bestandserfassung nachtaktiver, heimlicher Tierarten.

Beim Luchs machen sich Forschende zudem die Tatsache zunutze, dass die Tiere anhand ihrer Fellmuster individuell voneinander unterschieden werden können. Daher ist es möglich, die Fotofallen-Aufnahmen einzelnen Luchsen zuzuordnen und die fotografierten Luchse auf diese Weise zu zählen. 

Natürlich ist es möglich, dass nicht jeder Luchs innerhalb eines untersuchten Gebietes von den Kameras erfasst wird. Mithilfe moderner statistischer Verfahren ist es aber möglich, aus der Anzahl der fotografierten Luchse und der Häufigkeit und Verteilung der Aufnahmen die tatsächliche Anzahl der Luchse und/ oder ihre Populationsdichte in den Untersuchungsgebieten zu schätzen. 

Warum werden Luchse mit Halsbandsendern ausgestattet?

Alle Luchse, die im Rahmen unseres Projektes freigelassen werden, werden mit GPS-Halsbandsendern ausgestattet. Auf diese Weise können wir das weitere Schicksal der Luchse nach der Freilassung verfolgen und engmaschig überwachen. Der Sender übermittelt uns 1-2 Mal täglich den Aufenthaltsort des Luchses. So erhalten wir Informationen über die Raumnutzung und das Wanderverhalten der freigelassenen Luchse.

GPS-Sender sind eine Standardmethode moderner Wildtierforschung. Die Sender sind so konzipiert, dass sie die Tiere nicht in ihrer natürlichen Lebensweise beeinträchtigen. Zum Ende der Lebensdauer der Batterien (nach etwa einem Jahr) wird der Sender durch einen automatischen Mechanismus geöffnet und der Luchs auf diese Weise von dem Sender befreit.

Was ist ein genetisches Monitoring?

Wenn ein Luchs ein Beutetier erlegt hat, können an dem noch frischen Kadaver (dem sogenannten Riss) oft Speichelproben des Luchses gewonnen werden. Diese können im Labor untersucht werden, um ein genetisches Profil (einen genetischen Fingerabdruck) des Luchses zu erstellen. Die Beprobung von Luchsrissen wird in der Regel durch ehrenamtlich tätige Luchsbeauftragte der Thüringer Jägerschaft vorgenommen. Weitere potentielle Quellen, um genetisches Material von Luchsen zu erhalten, sind Kot und Haare. Diese sind im Gelände jedoch ungleich schwerer zu finden als Risse.

Genetische Daten sind eine wertvolle Ergänzung der beiden übrigen Monitoring-Methoden. Anhand der genetischen Profile kann der Verwandtschaftsgrad der Luchse untereinander ermittelt werden. Im Falle von zugewanderten Luchsen geben die genetischen Daten zudem Auskunft über die Herkunft der Zuwanderer. Durch ein langfristig angelegtes genetisches Monitoring kann schließlich die genetische Vielfalt der entstehenden Luchspopulation des Thüringer Waldes kontinuierlich überwacht werden.

Was haben wir bisher über den Luchs in Thüringen herausgefunden?

Bereits 2019 haben wir mit einem systematischen Fotofallen-Monitoring im Thüringer Harz begonnen, sowie in den Waldgebieten, die dem Harz südlich vorgelagert sind. Im Rahmen dieses Monitorings haben wir schon über 200 Aufnahmen machen können, die sich auf mehrere individuell unterscheidbare Luchse verteilen.

Während das Vorkommen des Luchses im Thüringer Harz sicher keine große Überraschung war, waren insbesondere die stärker fragmentierten Waldgebiete des Eichsfeldes in Nordwest-Thüringen für uns von großem Interesse, da diese Waldgebiete einen möglichen Ausbreitungskorridor für den Luchs in Thüringen darstellen.

Ganz im Norden des Eichsfeldes können wir seit 2019 zwei Luchse nachweisen, die dort, im Grenzbereich zu Niedersachsen, feste Streifgebiete etabliert haben. Einer dieser Luchse ist ein Weibchen mit der Bezeichnung B1073w, das seit 2020 regelmäßig Nachkommen im nördlichen Eichsfeld zur Welt gebracht hat. Dennoch blieb eine dauerhafte Besiedlung des restlichen Eichsfeldes und der weiter südlich gelegenen Waldgebiete bislang aus.

Luchsin B1073w mit Jungtier, aufgenommen im Oktober 2020 im nördlichen Eichsfeld. © Markus Port

Im Thüringer Wald haben wir im Herbst 2021 mit einem Fotofallen-Monitoring begonnen, zunächst in einem etwa 900 km² großen Gebiet im mittleren Thüringer Wald. Auch dort haben wir bereits Luchse fotografiert, jedoch sind bis zum Frühjahr 2023 nur drei Aufnahmen entstanden. Der Vergleich zu den vielen Aufnahmen im Nordwesten Thüringens macht deutlich, dass der Luchs im mittleren Thüringer Wald bislang noch ein seltener Gast ist. In der Regel dürfte es sich um durchstreifende Männchen handeln.

Wie geht es mit dem Monitoring des Luchses im Thüringer Wald weiter?

Alle in unserem Projekt freigelassenen Luchse werden mit Halsbandsendern ausgestattet. So können wir etwa ein Jahr lang ihr weiteres Schicksal engmaschig überwachen. Neben der Telemetrie kommen von Anfang an auch Fotofallen großflächig zum Einsatz. So können die freigelassenen Luchse (und gegebenenfalls auch ihre Nachkommen) auch nach Ausfall der Halsbandsender weiter beobachtet werden. Außerdem kann beurteilt werden, ob die neu entstehende Population im Thüringer Wald durch die Zuwanderung weiterer Luchse (z.B. aus dem Harz) weiter anwächst. Die Daten der Fotofallen werden durch die Daten des genetischen Monitorings ergänzt.